Schreiben/Abmahnung vom Anwalt nach negativer Bewertung?

Abmahnung

Das Internet bietet Nutzern die Möglichkeit, Erfahrungen mit Produkten, Dienstleistungen und Unternehmen frei zu teilen. Doch diese Freiheit bringt auch rechtliche Risiken mit sich. Negative Bewertungen können für Unternehmen existenzbedrohend sein und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – sowohl für die Bewerteten als auch für die Verfasser. In der heutigen digitalen Welt ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Anwalt involviert wird, wenn eine schlechte Bewertung veröffentlicht wurde. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wissenswerte darüber, aus welchen Gründen solche Abmahnungen erfolgen, was Sie tun sollten, wenn Sie selbst betroffen sind, und welche Rechte und Pflichten sowohl Unternehmer als auch Rezensenten haben.


1. Was ist eine Abmahnung wegen einer schlechten Bewertung?

Eine Abmahnung ist ein Schreiben, das meist durch einen Rechtsanwalt verfasst wird. Es dient in erster Linie dazu, einen rechtlichen Anspruch außergerichtlich durchzusetzen. In Fällen negativer Online-Bewertungen fordert der Abmahnende, oftmals ein Unternehmen oder dessen Vertreter, den Rezensenten in der Regel dazu auf:

  1. Die Bewertung zu löschen,
  2. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zu unterzeichnen,
  3. Die zukünftige Veröffentlichung ähnlicher Aussagen zu unterlassen,
  4. Die entstandenen Anwaltskosten zu tragen.

Weitere Ansprüche wie die Zahlung von Schadensersatz können hinzukommen, wenn dem Bewerteten ein wirtschaftlicher oder rechtlicher Schaden entstanden ist.

Häufige Plattformen, auf denen schlechte Bewertungen Streitigkeiten auslösen, sind:


2. Weshalb werden negative Bewertungen abgemahnt?

Negative Bewertungen können zum Beispiel abgemahnt werden, wenn sie rechtswidrig sind. Der Grund hierfür liegt darin, dass jeder Bewertete, egal ob Unternehmen oder einzelne Personen, ein gesetzlich geschütztes Recht auf Ehre, Reputation und wirtschaftliche Entfaltung hat. Obwohl Meinungsfreiheit ein Grundrecht darstellt, endet sie dort, wo sie Persönlichkeitsrechte anderer verletzt.

Kriterien für Rechtswidrigkeit:

Eine Bewertung wird als rechtswidrig eingestuft, wenn sie eine der folgenden Bedingungen erfüllt:

  1. Unwahre Tatsachenbehauptungen: Aussagen, die nicht der Wahrheit entsprechen, können abgemahnt werden. Beispiele hierfür sind falsche Behauptungen über die Qualität eines Produkts oder über Verhaltensweisen der Mitarbeiter. Typisch wäre etwa die Aussage: „Die Lieferung war verspätet und unvollständig“, wenn die Waren pünktlich und vollständig zugestellt wurden.
  2. Schmähkritik oder Beleidigungen: Bewertungen, die nicht der sachlichen Auseinandersetzung dienen, sondern hauptsächlich dazu gedacht sind, den Bewerteten herabzuwürdigen, fallen ebenfalls unter rechtswidrige Inhalte. Beleidigende Äußerungen wie „Das ist das schlechteste Restaurant der Welt!“ oder persönliche Angriffe auf Inhaber und Mitarbeiter sind nicht erlaubt.
  3. Kein Bezug zu einer tatsächlichen Leistung: Wenn ein Bewerter behauptet, Kunde des Bewerteten gewesen zu sein, ohne dass tatsächlich eine Geschäftsbeziehung oder ein Kundenkontakt bestand, ist die Bewertung unzulässig (vgl. LG Hamburg, Urteil vom 12.01.2018, Az.: 324 O 63/17). Beispiel: Eine konkrete Beschwerde über den Fahrdienst eines Unternehmens durch jemanden, der nie dessen Dienste in Anspruch genommen hat.
  4. Verletzung des Persönlichkeitsrechts: Aussagen, die den Bewerteten in seiner Ehre oder seinem sozialen Ansehen beeinträchtigen, können dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen. Hierbei muss abgewogen werden, ob die Meinungsfreiheit des Rezensenten oder das Persönlichkeitsrecht des Bewerteten überwiegt.

3. Typische Herausforderungen bei Abmahnungen

Wenn Sie eine schlechte Bewertung erhalten und eine Abmahnung versenden oder empfangen, stellen sich häufig komplexe juristische Fragen. Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung.

Meinungsäußerung oder Tatsachenbehauptung?

Es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Meinungsäußerungen und Tatsachenbehauptungen:

  • Meinungsäußerungen: Sie sind grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützt, solange sie keine Schmähkritik oder Beleidigungen darstellen. Ein Beispiel für eine zulässige Meinungsäußerung wäre: „Ich finde den Service unhöflich.“
  • Tatsachenbehauptungen: Diese müssen belegbar sein. Eine Tatsachenbehauptung lautet zum Beispiel: „Das Produkt war mangelhaft, da es zwei Tage nach Kauf kaputtging.“ Falls der Bewertete beweisen kann, dass das Produkt einwandfrei war, könnte diese Aussage rechtswidrig sein.

Es ist oft schwierig, eine klare Grenze zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung zu ziehen. Deshalb ist rechtlicher Beistand in solchen Fällen essenziell.

Beweislast im Gerichtsverfahren

Besonders hervorzuheben ist, dass in vielen Fällen die Beweislast beim Rezensenten liegt. Das bedeutet, dass Sie als Verfasser der Bewertung nachweisen müssen, dass Ihre Aussagen der Wahrheit entsprechen. Können Sie dies nicht belegen, wird die Bewertung oftmals als unwahr und damit rechtswidrig angesehen.


4. Was tun, wenn Sie eine Abmahnung erhalten?

Eine Abmahnung ist in keinem Fall zu ignorieren! Wenn Sie auf eine Abmahnung nicht reagieren, drohen gerichtliche Verfahren, welche mit erheblichen Kosten verbunden sein können. Das bedeutet konkret:

  1. Prüfen Sie die Abmahnung sorgfältig: Vergewissern Sie sich, ob die genannte Bewertung tatsächlich von Ihnen stammt und ob die Vorwürfe berechtigt sind.
  2. Halten Sie die gesetzten Fristen ein: Eine Abmahnung enthält meist eine Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung. Diese Frist ist zwingend einzuhalten, andernfalls kann eine einstweilige Verfügung beantragt werden.
  3. Suchen Sie anwaltlichen Rat: Da es sich um eine juristische komplexe Materie handelt, sollten Sie sich anwaltlich beraten lassen. Ein Anwalt kann prüfen, ob die Abmahnung berechtigt ist und wie Sie darauf reagieren sollten.
  4. Unterschreiben Sie nichts unüberlegt: Die meisten Abmahnungen enthalten Entwürfe für strafbewehrte Unterlassungserklärungen. Unterschreiben Sie diese nur nach anwaltlicher Prüfung. Oftmals sind die Entwürfe zu weit gefasst und können Sie langfristig benachteiligen.

5. Rechte und Möglichkeiten der Bewerteten

Für Unternehmen, Ärzte und Freiberufler kann eine schlechte Bewertung schwere Konsequenzen haben. Sie kann Kunden abschrecken und den Ruf nachhaltig beschädigen. Deshalb sollten Betroffene ihre rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um gegen negative oder rechtswidrige Bewertungen vorzugehen.

Möglichkeiten der Löschung:

  1. Löschungsantrag bei der Plattform: Viele Plattformen wie Google oder Jameda haben ein Meldesystem für unzulässige Inhalte. Wird der Antrag genehmigt, wird die Bewertung gelöscht.
  2. Kontaktaufnahme mit dem Rezensenten: In einigen Fällen kann ein klärendes Gespräch zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen, ohne dass juristische Schritte notwendig sind.
  3. Abmahnung oder Klage: Wenn die oben genannten Optionen erfolglos bleiben, kann ein Anwalt eingeschaltet werden, um eine Bewertung rechtlich zu prüfen und gegebenenfalls eine Abmahnung zu verschicken oder eine Klage einzureichen.
  4. Schadensersatzanspruch prüfen: Wenn durch die Bewertung ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist, können Bewertete unter Umständen Schadensersatz geltend machen.

6. Strafrechtliche Konsequenzen

Neben zivilrechtlichen Ansprüchen können in extremen Fällen auch strafrechtliche Konsequenzen drohen. Äußerungsdelikte wie Beleidigung (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) und Verleumdung (§ 187 StGB) kommen hier in Betracht. Solche Fälle werden allerdings selten durch die Staatsanwaltschaft verfolgt, da Regelungen wie § 375 StPO oft auf den Privatklageweg verweisen.


7. Was tun, wenn eine Klage zugestellt wurde?

Im Fall einer Klage vor einem Landgericht benötigen Sie zwingend einen Rechtsanwalt, da eine Vertretung in solchen Verfahren gesetzlich vorgeschrieben ist. Die meisten Verfahren beruhen auf schriftlichen Stellungnahmen, jedoch können auch mündliche Verhandlungen angesetzt werden. Es ist wichtig, auf alle Klageschriften fristgerecht zu reagieren.


8. Fazit: Expertenmeinung und strategisches Vorgehen

Negative Bewertungen sind ein sensibles Thema, das leicht eskalieren kann. Rezensenten sollten stets darauf achten, nur wahre Tatsachen zu schildern und auf Schmähkritik zu verzichten. Auch Bewertete sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und gegebenenfalls juristische Unterstützung in Anspruch nehmen.

Es gilt: Präzise, sachlich und belegbar zu bewerten ist der Schlüssel, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Kommt es dennoch zu Konflikten, kann eine gut durchdachte Strategie – sei es Verteidigung oder Angriff – entscheidend sein, um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Schreiben Sie einen Kommentar

elf − 4 =

Consent Management Platform von Real Cookie Banner