Gibt es Löschpflichten, wenn Bewertungen 5 Jahre oder 10 Jahre alt sind?

Bewertungen spielen eine zentrale Rolle für die Reputation von Unternehmen, Ärzten oder Dienstleistern. Doch was passiert mit älteren Bewertungen? Mit der zunehmenden Bedeutung des „Rechts auf Vergessenwerden“ im digitalen Zeitalter steht auch die Frage im Fokus, ob Bewertungen, die fünf oder zehn Jahre alt sind, gelöscht werden müssen. Die Antwort darauf ist komplex und erfordert eine differenzierte Betrachtung zwischen Datenschutzrecht, Meinungsfreiheit und praktischen Aspekten.


Das „Recht auf Vergessenwerden“ und seine Bedeutung bei Online-Bewertungen

Das „Recht auf Vergessenwerden“ ist im europäischen Datenschutzrecht verankert, insbesondere in der DSGVO. Es eröffnet Betroffenen die Möglichkeit, die Löschung personenbezogener Daten zu verlangen, wenn diese nicht mehr notwendig sind, unrechtmäßig verarbeitet werden oder ihre Relevanz verloren haben. Aber wie wirkt sich dieses Recht auf ältere Bewertungen aus?

Wann greift das Recht auf Vergessenwerden bei Bewertungen?

Eine Bewertung unterliegt dem Recht auf Vergessenwerden, wenn sie:

  • Personenbezogene Daten enthält, die nicht mehr relevant sind.
  • Veraltet ist und nicht mehr dem aktuellen Kontext entspricht.
  • Unrechtmäßig ist, etwa durch falsche Tatsachenbehauptungen oder beleidigende Inhalte.

Doch die Anwendung ist keineswegs trivial. Insbesondere die Abwägung zwischen Datenschutz und Meinungsfreiheit macht eine klare Entscheidung oft schwierig.


Bewertungen nach 5 oder 10 Jahren – Reicht das Alter allein für eine Löschpflicht?

Das Alter einer Bewertung allein reicht in der Regel nicht aus, um eine Löschpflicht auszulösen. Ob eine fünf oder zehn Jahre alte Bewertung gelöscht werden muss, hängt von den spezifischen Umständen ab.

Relevanz und Aktualität als Schlüssel

Ältere Bewertungen können ihre Relevanz verlieren, insbesondere wenn sie:

  • Nicht mehr den aktuellen Geschäftsbedingungen entsprechen: Beispielsweise wenn ein Unternehmen inzwischen andere Dienstleistungen anbietet oder neue Eigentümer hat.
  • Unverhältnismäßigen Schaden verursachen: Eine sehr alte schlechte Bewertung, die das heutige Geschäftsverhalten eines Unternehmens nicht mehr widerspiegelt, könnte gelöscht werden, wenn sie den Ruf weiterhin negativ beeinflusst.

Hier muss eine Abwägung stattfinden: Schützt die Entfernung der Bewertung die berechtigten Interessen der betroffenen Person oder überwiegt das öffentliche Interesse daran, die Bewertung weiterhin zugänglich zu halten?


Datenschutz vs. Meinungsfreiheit – Eine schwierige Balance

Die Meinungsfreiheit schützt das Recht der Menschen, ihre Erfahrungen und Meinungen zu äußern, auch in Form von Bewertungen. Bewertungsportale sind wichtige Plattformen für den Austausch von Informationen. Eine Löschung darf die Meinungsfreiheit nicht übermäßig einschränken.

Gerichte prüfen daher in solchen Fällen:

  • Ob die Bewertung subjektive Meinung oder eine falsche Tatsachenbehauptung enthält.
  • Ob die Bewertung personenbezogene Daten wie Namen oder andere identifizierende Informationen enthält.
  • Ob ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bewertung besteht.

Das Ziel ist eine ausgewogene Entscheidung, die sowohl das Recht des Bewerteten auf Schutz der eigenen Privatsphäre als auch die Meinungsfreiheit berücksichtigt.


Was bedeutet das für Betreiber von Bewertungsportalen?

Bewertungsportale, wie Google oder kununu, stehen in der Verantwortung, transparente Prozesse für Löschanfragen bereitzustellen. Dabei müssen sie:

  • Effiziente Prüfverfahren implementieren, um berechtigte Löschanfragen zu erkennen.
  • Ein Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und Datenschutz gewährleisten.
  • Missbrauch vermeiden: Beispielsweise darf das Recht auf Vergessenwerden nicht dazu dienen, berechtigte Kritik aus der Öffentlichkeit zu entfernen.

Die Prüfung älterer Bewertungen erfordert oft nicht nur juristisches Fachwissen, sondern auch technologische Lösungen, um die Legitimität der Löschanfragen sorgfältig zu beurteilen.


Fazit: Haben alte Bewertungen eine Zukunft?

Fünf oder zehn Jahre alte Bewertungen werden nicht automatisch gelöscht. Ob sie entfernt werden können, erfordert eine Einzelfallprüfung:

  • Sind die Inhalte noch aktuell und relevant?
  • Wurden falsche Tatsachen behauptet, oder enthält die Bewertung personenbezogene Daten?
  • Überwiegt der Datenschutz oder das öffentliche Interesse an der freien Meinungsäußerung?

Das Alter kann in Kombination mit anderen Aspekten wie Kontext und Relevanz einen wesentlichen Faktor darstellen, aber niemals alleinige Grundlage für eine Löschung. Bewertungsportale, Nutzer und Unternehmen müssen stets die Balance zwischen den Rechten aller Beteiligten finden, um einen fairen und rechtlich konformen Umgang mit Online-Bewertungen sicherzustellen.

Ob und wann eine Löschung tatsächlich erfolgt, hängt letztlich von juristischen und praktischen Erwägungen ab. Das „Recht auf Vergessenwerden“ bleibt auch hier ein Werkzeug, um den digitalen Raum fairer und ausgewogener zu gestalten.

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