Das Internet bietet ein weites Feld für Experimente. Dies gilt auch für Neue Wege im Bereich Marketing und Werbung. Zunehmend ist dabei eine Entwicklung zu beobachten, nach der bei Online-Angeboten die Trennung zwischen Information und Werbung verwischt.
Während im Zeitungsgeschäft Redaktion und Anzeigengeschäft klar getrennt sind, weiß bei Online-Auftritten der Redakteur auch, wer welche Anzeigen geschaltet hat. Die Befürchtung, dass dieses Wissen die Berichterstattung beeinflusst, ist sicherlich nicht unbegründet.
In der Vergangenheit musste beispielsweise Amazon.com zugeben, dass er in seinem Buchbesprechungen Bücher besonders beworben hatte, deren Verleger für dieses Privileg bezahlt hatten. Nach Bekanntwerden dieser Praxis und der nachfolgenden Empörung gab Amazon.com diese Einnahmequelle auf. Aber auch andere Beispiele zeigen, dass bei Internet-Inhalten schnell eine Vermischung mit kommerziellen Interessen möglich ist. Online-Magazine werden immer häufiger von Händlern gesponsert, Internet-Portale werden von Herstellern betrieben. Die Interessenlage ist immer dieselbe: Das Internet soll über die Vermittlung von Information neue Kundenpotentiale erschließen.
Da das Internet kein rechtsfreier Raum ist, sollen nachfolgend die rechtliche Rahmenbedingungen vorgestellt werden, die bei der so genannten “Redaktionellen Werbung” zu beachten sind.
Keine Schleichwerbung
Die redaktionelle Werbung wird von Juristen als Unterfall der so genannten getarnten Werbung oder – anders ausgedrückt – als Unterfall der Schleichwerbung betrachtet. Hintergrund dieser Überlegungen ist, dass jede Werbemaßnahme als solche klar erkennbar sein soll. Die angesprochenen Verkehrskreise sollen nicht Gefahr laufen, dass der Werbung eine weitergehende Bedeutung beigemessen wird als ihr tatsächlich zukommt. Die Umsetzung dieses Grundsatzes hat bereits bei den Printmedien erhebliche Schwierigkeiten bereitet.
Redaktionelle Werbung wird zum einen dadurch betrieben, das eine Anzeige wie ein redaktioneller Bericht aufgemacht ist und nicht als Werbung gekennzeichnet wird. Eine andere Möglichkeit der redaktionellen Werbung besteht darin, dass in einem Bericht oder Beitrag bestimmte Produkte oder Leistungen angepriesen werden. In den Landespressegesetzen ist für Druckwerke festgelegt, dass eine Veröffentlichung, für die ein Entgelt gezahlt wird, deutlich mit dem Wort “Anzeige” zu kennzeichnen ist. Eine Ausnahme besteht nur, wenn durch die Anordnung oder Gestaltung klar ist, dass es sich um eine Anzeige handelt. Gegen Entgelt erfolgt jede Veröffentlichung, für die eine geldwerte Gegenleistung erbracht wird.
Aber nicht nur die Landespressegesetze halten entsprechende Regelungen vor. Auch nach den Vorschriften des Wettbewerbsrechts ist eine redaktionell getarnte Werbung unzulässig. Maßstab ist unter anderem der § 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Der § 3 UWG untersagt Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes sind unter anderem ein Unterlassungsanspruch und ein Schadensersatzanspruch des Mitbewerbers.
Unerlaubte Tarnung
Ein Verstoß liegt dann vor, wenn der redaktionelle Beitrag so gestaltet ist, dass der Eindruck erweckt wird, es handele sich um Recherchen oder um die Meinung eines unabhängigen Dritten. Tatsächlich wird aber eine Werbeaussage weitergegeben. Die Werbung soll den Grundprinzipien der Klarheit, Wahrheit und Redlichkeit entsprechen. Diese Prinzipien können bei einer redaktionell gestalteten Werbung nicht gewahrt werden. Leider gibt es keinen generellen Maßstab, wann die Grenze von der erlaubten sachlichen Information zur unerlaubten redaktionellen Werbung überschritten ist. Die Rechtsprechung behält sich vor, die Gegebenheiten des Einzelfalls zu prüfen. Dabei wird auch berücksichtigt, wo der Beitrag erscheint. Der Maßstab, der bei einer überregionalen Tageszeitung angewandt wird, ist sicherlich strenger, als der, der bei Anzeigenblätter zu beachten ist.
Beispiele:
Auf einem regionalen Internet-Marktplatz werden unter der Rubrik „Einkaufen mit Dagmar“ verschiedene Geschäfte eines Ortes vorgestellt. Wenn bei dieser Vorstellung nicht deutlich wird, dass die Informationen mit den Geschäftsinhabern abgestimmt sind, so ist die Werbung wettbewerbswidrig. Es fehlt der Hinweis auf den Werbecharakter.
Unter der Überschrift „Minizins beim Autokauf“ wird ein Artikel über günstige Zinskonditionen im Internet veröffentlicht. Der Beitrag stammt von einem Autohaus, dass über die günstigen Zinsen in seinem Geschäft berichtet. Erst wenn ein flüchtiger Surfer die deutliche Trennung zwischen redaktionellen Teil und Anzeigenteil erkennen kann, ist eine solche Darstellung zulässig.
Irreführung
Wenn Werbung als redaktionelle Beiträge getarnt werden, sieht die Rechtsprechung dies gleichzeitig als einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 5 UWG an. Der Internet-Nutzer wird getäuscht, indem er den werblichen Charakter eines Beitrages nicht erkennen kann. Als unzulässig wurde bereits angesehen, dass in einem redaktionellen Beitrag einer Tageszeitung über bestimmte Produkte des täglichen Bedarfs berichtet wurde, die keine Neuerungen waren, und nur bestimmte Hersteller genannt wurden. Auch die Aufmachung eines Bestellkatalogs als Modezeitschrift, die zum üblichen Preis am Kiosk vertrieben wurde, ist irreführend und damit wettbewerbswidrig. Wettbewerbswidrig ist auch die Darstellungsform eines Restaurantführers, wenn neben den redaktionellen Texten umfangreiche Selbstdarstellungen der Restaurants erscheinen, die aber nicht als Anzeigen gekennzeichnet sind.
Werbung als Nebeneffekt
Mit diesen Regelungen wollen der Gesetzgeber und die Rechtsprechung nicht jede Information unterbinden, die möglicherweise einen Werbeeffekt hat. Wenn Berichte über Unternehmen oder Produkte veröffentlicht werden, so bedeutet dies häufig eine gewisse Werbewirkung. Allerdings fordert die Rechtsprechung in solchen Fällen, dass die sachliche Information im Vordergrund steht. Die Förderung des Wettbewerbs soll nur ein unvermeidbarer Nebeneffekt sein.
Redaktionelles Umfeld
Vorsicht ist geboten, wenn neben einem redaktionellen Beitrag eine passende Anzeige steht oder gar auf die Anzeige Bezug genommen wird. Zwar dürfen Anzeigen ein förderliches redaktionelles Umfeld erhalten. Der Beitrag darf den Internet-Nutzer aber nicht unmittelbar auf die Anzeige lenken. Auch darf der Beitrag nicht so formuliert sein, dass die Anzeige die Fortsetzung oder die Konkretisierung des redaktionellen Beitrags ist.
Eigene Web-Site
Jedes Unternehmen, das einen Internetauftritt plant, muss sich entscheiden, ob nur geworben oder ob der Internet-Nutzer auch objektiv informiert werden soll. Wird nur (Eigen-)Werbung veröffentlicht, so muss dies aufgrund der Gestaltung sofort erkennbar sein. Wird dagegen der Eindruck erweckt, dass es sich um einen redaktionellen Internetauftritt handelt oder ist die Web-Site nicht sofort eindeutig zuzuordnen, so muss Werbung und redaktioneller Text deutlich getrennt werden.
Ansprechpartner
Wenn wettbewerbswidrig eine redaktionelle Werbung geschaltet wird, so kann gegen den verantwortlichen Redakteur, den Verleger oder Betreiber der Web-Site oder jeden anderen Mitverursacher vorgegangen werden. Mitverursacher ist jeder, der an der redaktionellen Werbung mitgewirkt hat, beispielsweise der Anzeigenakquisiteur. Wurde von dem werbenden Unternehmen gezielt der Beitrag zugeleitet und wurde damit gerechnet, dass die Information in unzulässiger Weise veröffentlicht wird, dann besteht auch gegenüber dem werbenden Unternehmen ein Unterlassungsanspruch.