⚖️ OLG Köln verschärft Maßstäbe: Warum pauschale Beanstandungen bei Bewertungslöschungen scheitern

Der digitale Ruf eines Unternehmens kann innerhalb weniger Minuten durch eine negative Bewertung erschüttert werden. Viele Betroffene reagieren reflexartig und versuchen umgehend, die Bewertung löschen zu lassen. Doch ein aktueller Beschluss des Oberlandesgerichts Köln zeigt deutlich: Wer hierbei vorschnell und oberflächlich agiert, läuft Gefahr, rechtlich ins Leere zu laufen. Die Richter haben die Anforderungen an substantiierte Beanstandungen deutlich verschärft und dabei einen Präzedenzfall geschaffen, der weitreichende Konsequenzen für das Reputationsmanagement hat. Pauschale Beanstandungen bei Bewertungslöschungen hilfreich?

Ein Caravan-Händler scheitert mit pauschaler Beanstandung – Pauschale Beanstandungen bei Bewertungslöschungen

Der zugrunde liegende Fall zeigt exemplarisch die Problematik: Ein Wohnmobil-Händler sah sich mit einer negativen Google-Bewertung konfrontiert, in der ein Nutzer namens „N. R.“ über angebliche Mängel an einem erworbenen Gebrauchtwagen berichtete. Das Unternehmen beanstandete die Bewertung mit der schlichten Behauptung, den Kunden nicht identifizieren zu können und ihm daher nie ein Fahrzeug verkauft zu haben.

Diese oberflächliche Herangehensweise führte zum Scheitern des Eilverfahrens. Das Landgericht Dortmund wies den Antrag auf einstweilige Verfügung zurück, und das Oberlandesgerich Köln bestätigte diese Entscheidung in seinem wegweisenden Beschluss vom 15. August 2025.

Neue Rechtsprechung setzt klare Standards

Das Oberlandesgericht Köln hat mit dieser Entscheidung fundamentale Grundsätze für die Haftung von Hostprovidern bei negativen Bewertungen etabliert. Die Richter stellten unmissverständlich fest, dass eine bloße Behauptung, einen Kunden nicht zu kennen, bei weitem nicht ausreicht, um eine Löschung zu erwirken.

Besonders bedeutsam ist die Feststellung des Gerichts, dass bei Bewertungen unter vollständigen Namen, die nicht offensichtlich als Pseudonyme erkennbar sind, erhöhte Darlegungsanforderungen bestehen. Der betroffene Unternehmer muss konkret und nachvollziehbar erläutern, warum die Bewertung seiner Ansicht nach nicht auf einem realen Geschäftskontakt basiert.

Substanz statt Pauschalität: Was Gerichte erwarten

Die Kölner Richter machten deutlich, dass eine wirksame Beanstandung weit mehr erfordert als allgemeine Behauptungen. Konkret verlangt die neue Rechtsprechung folgende Substanz: Betroffene Unternehmen müssen detailliert darlegen, welche konkreten Schritte sie unternommen haben, um die Identität des Bewerters zu verifizieren. Dazu gehört insbesondere der Abgleich mit der eigenen Kundenkartei.

Das Gericht kritisierte in diesem Fall explizit, dass das Unternehmen nicht einmal vorgetragen hatte, die Kundendatenbank auf den Namen „N. R.“ überprüft zu haben. Diese Unterlassung werteten die Richter als unzureichende Tatsachengrundlage für eine wirksame Beanstandung.

Darüber hinaus müssen Unternehmen nachvollziehbare Gründe benennen, die gegen einen realen Geschäftskontakt sprechen. Reine Gedächtnislücken oder unvollständige Dokumentation reichen nicht aus, um eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begründen.

Auswirkungen auf die Prüfpflicht der Plattformen – Pauschale Beanstandungen bei Bewertungslöschungen

Der Beschluss hat weitreichende Konsequenzen für die Verantwortlichkeit von Bewertungsplattformen wie Google, Kununu oder Trustpilot. Das Oberlandesgericht stellte klar, dass Hostprovider erst dann zur Prüfung verpflichtet werden, wenn sie einen konkreten und substantiierten Hinweis auf eine Rechtsverletzung erhalten.

Diese Klarstellung stärkt die Position der Plattformen erheblich. Sie müssen pauschale Beanstandungen nicht weiterverfolgen und erlangen durch solche oberflächlichen Hinweise auch keine Kenntnis von rechtswidrigen Inhalten im Sinne des Digital Services Act. Erst bei qualifizierteren Beanstandungen entsteht eine Prüf- und Weiterleitungspflicht an den Verfasser der Bewertung.

Das Problem billiger Löschungsagenturen

Besonders problematisch wird diese Rechtsprechung für die zahlreichen Löschungsagenturen, die mit Dumpingpreisen um Mandanten werben. Viele dieser Anbieter arbeiten ausschließlich mit vorgefertigten Textbausteinen, die pauschal behaupten, der Kunde sei nicht identifizierbar oder die Bewertung sei unwahr.

Nach der neuen Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln führen solche standardisierten Schreiben nicht mehr zum Erfolg. Die Richter haben unmissverständlich klargestellt, dass pauschale Formulierungen keine ausreichende Beanstandung darstellen und somit keine Prüfpflicht der Hostprovider auslösen.

Unternehmen, die auf solche Billiganbieter setzen, verschwenden nicht nur Zeit und Geld, sondern verschlechtern möglicherweise sogar ihre Position. Denn nach einer gescheiterten pauschalen Beanstandung wird eine spätere, substantiierte Herangehensweise oft kritischer betrachtet.

Strategische Konsequenzen für betroffene Unternehmen

Die verschärfte Rechtsprechung erfordert ein Umdenken im Reputationsmanagement. Unternehmen können nicht mehr reflexartig jede negative Bewertung pauschal beanstanden, sondern müssen eine sorgfältige Einzelfallprüfung vornehmen.

Zunächst sollten Betroffene systematisch ihre Kundendatenbank durchsuchen und alle verfügbaren Geschäftsunterlagen auswerten. Dabei geht es nicht nur um die namentliche Identifizierung, sondern auch um die Plausibilitätsprüfung der in der Bewertung geschilderten Vorgänge.

Lässt sich tatsächlich kein entsprechender Geschäftskontakt nachweisen, muss dies detailliert dokumentiert und rechtlich fundiert vorgetragen werden. Hierbei sollten auch alternative Erklärungen für die Bewertung in Betracht gezogen und ausgeschlossen werden.

Bei streitigen Bewertungen, die auf realen Geschäftskontakten beruhen, liegt der Fokus hingegen auf der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den konkreten Vorwürfen. Hier geht es um die Frage der Meinungsäußerungsfreiheit versus Persönlichkeitsrecht.

Präventive Maßnahmen gewinnen an Bedeutung

Die erschwerten Löschungsmöglichkeiten unterstreichen die Bedeutung präventiver Reputationsstrategien. Unternehmen sollten verstärkt auf proaktive Kundenkommunikation und Beschwerdemanagement setzen, um negative Bewertungen bereits im Vorfeld zu vermeiden.

Dabei spielt die systematische Dokumentation aller Kundeninteraktionen eine entscheidende Rolle. Eine lückenlose Nachverfolgung von Geschäftskontakten erleichtert nicht nur die spätere rechtliche Bewertung strittiger Fälle, sondern kann auch bei der Aufklärung von Missverständnissen helfen.

Zudem empfiehlt sich der Aufbau eines positiven Bewertungsprofils durch aktive Zufriedenheitsmessung und Ermutigung zufriedener Kunden zu authentischen Bewertungen. Ein ausgewogenes Bewertungsbild relativiert einzelne negative Stimmen und stärkt die Glaubwürdigkeit des Unternehmens.

Ausblick: Verschärfung der Rechtsprechung absehbar – Pauschale Beanstandungen bei Bewertungslöschungen

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Köln ist kein Einzelfall, sondern fügt sich in eine Reihe ähnlicher Entscheidungen ein, die die Anforderungen an Bewertungslöschungen kontinuierlich verschärfen. Diese Entwicklung reflektiert das wachsende Bewusstsein der Gerichte für die Bedeutung der Meinungsäußerungsfreiheit im digitalen Raum.

Gleichzeitig stärkt die Rechtsprechung die Position der Bewertungsplattformen, die sich zunehmend gegen ungerechtfertigte Löschungsbegehren zur Wehr setzen. Dies führt zu einer Professionalisierung des gesamten Marktes und benachteiligt unseriöse Anbieter, die mit Pauschalansätzen operieren.

Fazit zu Pauschale Beanstandungen bei Bewertungslöschungen: Qualität entscheidet über Erfolg

Die neue Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Köln markiert eine Zeitenwende im Reputationsmanagement. Pauschale Beanstandungen und Textbausteine führen nicht mehr zum Erfolg. Stattdessen sind fundierte rechtliche Strategien und detaillierte Sachverhaltsaufklärung gefragt.

Für betroffene Unternehmen bedeutet dies: Investitionen in qualifizierte Rechtsberatung zahlen sich aus, während Billiganbieter oft mehr schaden als nutzen. Die Zeiten, in denen negative Bewertungen mit standardisierten Schreiben beseitigt werden konnten, sind endgültig vorbei.

Wer sein Unternehmen vor ungerechtfertigten Bewertungen schützen möchte, benötigt eine durchdachte Strategie, die sowohl präventive Maßnahmen als auch professionelle rechtliche Unterstützung im Ernstfall umfasst. Nur so lassen sich die verschärften rechtlichen Hürden erfolgreich meistern und der digitale Ruf nachhaltig schützen.

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