Öffentliche Kritik an Unternehmen: Was ist erlaubt?

Kritik ist Ausdruck einer offenen Gesellschaft – sie gehört zum öffentlichen Diskurs und ist rechtlich geschützt. Doch nicht jede Äußerung über ein Unternehmen fällt unter die Meinungsfreiheit. Insbesondere im Internet – auf Bewertungsplattformen, in Blogs oder sozialen Netzwerken – verschwimmen die Grenzen zwischen Meinung, Tatsachenbehauptung und Schmähung zunehmend.

Für Unternehmen stellt sich daher eine zentrale Frage: Welche Kritik ist rechtlich zulässig – und ab wann greift der rechtliche Schutz gegen rufschädigende Äußerungen?

Meinungsfreiheit – aber nicht grenzenlos

Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG schützt das Recht, Meinungen in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Dieser Schutz gilt nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für Unternehmen. Umgekehrt bedeutet das: Auch Unternehmen müssen Kritik grundsätzlich dulden – selbst dann, wenn diese pointiert, überspitzt oder provokativ formuliert ist.

Doch die Meinungsfreiheit findet Grenzen:

  • in den allgemeinen Gesetzen (z. B. dem Strafrecht oder dem UWG),
  • in den Rechten Dritter (insbesondere Persönlichkeitsrechte),
  • und im Fall rechtswidriger Inhalte wie Schmähkritik oder Verleumdung.

Maßstab ist stets die Abwägung im Einzelfall zwischen dem Schutz der Meinungsfreiheit und den Interessen des betroffenen Unternehmens.

Tatsachenbehauptung oder Werturteil – worin liegt der Unterschied?

Die rechtliche Einordnung hängt entscheidend davon ab, wie eine Aussage zu bewerten ist:

  • Tatsachenbehauptungen sind dem Beweis zugänglich – sie können wahr oder falsch sein. Beispiel: „Die Lieferung erfolgte vier Wochen zu spät.“
  • Werturteile sind durch subjektive Elemente wie Meinung, Dafürhalten oder persönliche Einschätzung geprägt. Beispiel: „Der Kundenservice war eine Katastrophe.“

Besonderheit: Gemischte Äußerungen enthalten beides. Hier gilt: Lässt sich das tatsächliche Element isolieren, wird es gesondert rechtlich bewertet. Andernfalls genießt die Aussage im Zweifel den Schutz der Meinungsfreiheit (BVerfG, 1 BvR 673/18).

Unwahre Tatsachenbehauptungen – bewusst oder fahrlässig – sind nicht geschützt und können gelöscht und untersagt werden.

Die Grenze der Meinungsfreiheit: Schmähkritik und Formalbeleidigung

Schmähkritik liegt vor, wenn eine Äußerung nicht mehr der sachlichen Auseinandersetzung dient, sondern ausschließlich auf die Herabwürdigung des Unternehmens abzielt (BGH, VI ZR 39/14). Selbst grobe Polemik oder überzogene Kritik kann zulässig sein – solange ein Sachbezug erkennbar bleibt.

Beispielhafte Grenzfälle:

  • „Dieses Unternehmen betrügt systematisch seine Kunden“ – problematisch, wenn die Aussage auf keiner nachweisbaren Grundlage beruht.
  • „Ich halte das Geschäftsmodell für unethisch“ – zulässiges Werturteil, solange keine unwahren Tatsachen behauptet werden.

Formale Beleidigungen (z. B. Schimpfwörter) können auch dann unzulässig sein, wenn sie einen wahren Kern enthalten – denn sie verletzen die Menschenwürde bzw. das Unternehmenspersönlichkeitsrecht in unzulässiger Weise.

Ihre rechtlichen Möglichkeiten als Unternehmen

Ist eine Äußerung rechtswidrig, bestehen verschiedene rechtliche Mittel:

  • Unterlassungsanspruch (§ 1004 BGB analog i.V.m. § 823 BGB): Ziel ist die Löschung der Äußerung und das Verbot zukünftiger Wiederholungen.
  • Schadensersatz (§§ 823, 824, 826 BGB): Denkbar bei nachweisbaren wirtschaftlichen Schäden durch die Äußerung (z. B. Umsatzeinbruch, verlorene Kunden).
  • Richtigstellung / Gegendarstellung: Besonders im Medienrecht möglich.
  • Vertragliche Ansprüche: Besteht ein Vertragsverhältnis (z. B. Kunde-Dienstleister), können Rücksichtnahmepflichten verletzt sein (BGH, VIII ZR 319/20).

Wichtig: Der Unterlassungsanspruch muss gezielt formuliert sein – erlaubt ist nur die Löschung des rechtswidrigen Teils. Der zulässige Teil der Kritik bleibt bestehen (BGH, VI ZR 340/14).

Vorsicht bei Kritik durch Wettbewerber: Das UWG im Fokus

Kritik zwischen Wettbewerbern ist besonders heikel – sie kann schnell wettbewerbswidrig sein:

  • Herabsetzung / Verunglimpfung (§ 4 Nr. 1 UWG): Auch wahre Aussagen können unzulässig sein, wenn sie nur der Rufschädigung dienen.
  • Anschwärzung (§ 4 Nr. 2 UWG): Unwahre oder nicht nachweisbar wahre Tatsachen, die den Betrieb eines Mitbewerbers schädigen.
  • Unzulässige vergleichende Werbung (§ 6 UWG): Wenn Kritik Produkte vergleicht, aber unsachlich oder abwertend ist.

Derartige Verstöße können mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen geahndet werden – ggf. auch durch Wettbewerbsverbände (§ 8 UWG).

Online-Plattformen und der DSA: Neue Regeln, mehr Verantwortung

Seit Februar 2024 gilt der Digital Services Act (DSA). Plattformen wie Google, Facebook & Co. sind nun verpflichtet, ein effektives Melde- und Beschwerdesystem für rechtswidrige Inhalte bereitzustellen (Art. 16 DSA).

Rechtsverletzende Kritik kann damit schneller entfernt werden – insbesondere dann, wenn sie anonym oder pseudonym erfolgt. Das interne Beschwerdemanagement der Plattformen muss dabei transparent und rechtssicher ausgestaltet sein.

Fazit: Kritik ja – aber bitte rechtmäßig

Unternehmen müssen mit Kritik umgehen – das gehört zur unternehmerischen Realität. Doch Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen. Sobald Aussagen in den Bereich der Schmähkritik, Lüge oder Herabsetzung rutschen, stehen Ihnen wirksame rechtliche Mittel zur Verfügung.

Ich unterstütze Sie schnell, kompetent und strategisch – ob bei der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen, bei Plattformbeschwerden oder in gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Sie möchten eine rechtswidrige Kritik nicht unkommentiert lassen? Kontaktieren Sie mich für eine fundierte Ersteinschätzung.

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