Meinungsfreiheit vs. Kanzleireputation: Das OLG Stuttgart stärkt die freie Meinungsäußerung bei negativen Google-Bewertungen

Google Bewertung

In der heutigen digitalen Ära ist der Online-Ruf eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung. Eine einzelne negative Bewertung kann weitreichende Konsequenzen haben und das Vertrauen potenzieller Mandanten nachhaltig beeinflussen. Doch wo endet die zulässige Kritik und wo beginnt die unrechtmäßige Rufschädigung? Diese Frage stand jüngst im Mittelpunkt einer bemerkenswerten Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart, die weitreichende Implikationen für die Bewertungspraxis im Internet hat – insbesondere für Kanzleien und andere Dienstleister.

Der Fall vor dem OLG Stuttgart: Eine enttäuschte Erwartung als Meinungsäußerung

Ausgangspunkt des Verfahrens war die scharfe Kritik eines ehemaligen Mandanten an einer Kanzlei auf Google. Der Mandant, der im Februar 2023 eine mittelständische Kanzlei für eine Kündigungsschutzklage beauftragt hatte, beendete die Zusammenarbeit bereits einen Monat später. Seine Unzufriedenheit drückte er in einer Google-Rezension mit nur einem von fünf Sternen und der prägnanten Feststellung aus: „Absolut enttäuschende Erfahrung!“

Diese Bewertung enthielt konkrete Kritikpunkte: Der Mandant bemängelte die mangelhafte Kommunikation, die vermeintliche Unvorbereitetheit des Anwalts und dessen fehlende fachliche Kompetenz. Er gab an, „völlig im Unklaren“ über den Stand seines Verfahrens gelassen worden zu sein, der Anwalt sei „konsequent unvorbereitet“ gewesen und habe „keine Nachforschungen angestellt“. Zudem habe er den Anwalt an „wichtige Termine und Fristen erinnern“ müssen und dieser habe „wichtige Aspekte des Arbeitsrechts falsch interpretiert und mir falsche Ratschläge gegeben“.

Die Kanzlei sah in diesen Aussagen eine unzulässige Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts und klagte vor dem Landgericht (LG) Tübingen auf Löschung der Rezension. Das LG Tübingen gab der Klage statt und untersagte die beanstandeten Äußerungen. Doch die juristische Auseinandersetzung war damit noch nicht beendet.

Die Kehrtwende des OLG Stuttgart: Meinungsfreiheit überwiegt

Auf die Berufung des ehemaligen Mandanten hin hob das OLG Stuttgart das Urteil des LG Tübingen auf. In einer wegweisenden Entscheidung vom 29.09.2025 (Az. 4 U 191/25) urteilte der 4. Zivilsenat, dass die gesamte Rezension, einschließlich der beanstandeten kritischen Aussagen, rechtmäßig sei.

Das Gericht stufte sämtliche kritisierten Aussagen als Meinungsäußerungen ein. Für das OLG Stuttgart ist der Begriff „Meinung“ angesichts der grundlegenden Bedeutung der Meinungsfreiheit für unsere demokratische Grundordnung weit auszulegen. Meinungen enthalten eine wertende Komponente und sind von Tatsachenbehauptungen abzugrenzen, die sich auf objektiv überprüfbare Beziehungen zwischen Äußerung und Wirklichkeit beziehen.

Subjektive Einschätzung statt nachweisbarer Tatsache

Das OLG analysierte die einzelnen Kritikpunkte des Mandanten präzise. Die Behauptung, der Mandant sei „völlig im Unklaren“ gelassen worden, betreffe ein erwartetes Verhalten und sei nicht objektiv überprüfbar. Es handele sich um eine subjektive Einschätzung, nicht um eine nachweisbare Tatsache. Ähnlich verhielt es sich mit der Kritik, der Anwalt sei „konsequent unvorbereitet“ gewesen und habe zentrale rechtliche Punkte nicht gekannt oder recherchiert – diese wurde im Kontext als persönliche Meinung ohne konkreten Tatsachenkern bewertet.

Selbst die Aussage, der Rezensent habe den Anwalt an „wichtige Termine und Fristen erinnern“ müssen, die zwar einen tatsächlichen Aspekt enthalte, wurde im Gesamtkontext als Meinungsäußerung verstanden. Entscheidend war hier, dass die Kritik nicht in eine Formalbeleidigung oder Schmähkritik abdriftete, sondern als zulässige Auseinandersetzung mit der beruflichen Leistung der Kanzlei eingestuft wurde.

„Auch und gerade Kritik soll ausgesprochen werden dürfen, sogar ohne dass diese belegt werden muss“

Diese zentrale Aussage des Urteils verdeutlicht die Haltung des Gerichts: Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das auch Kritik – selbst wenn sie nicht im Detail belegt werden kann – zulässt, solange sie sich im Rahmen einer sachlichen Auseinandersetzung bewegt und nicht in diffamierende Schmähkritik mündet. Zwar greift eine öffentlich abrufbare negative Rezension in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Kanzlei ein, doch in diesem speziellen Fall überwog die Meinungsfreiheit des Mandanten.

Strategisches Reputationsmanagement: Ihre Antwort auf Online-Kritik

Diese Entscheidung des OLG Stuttgart unterstreicht die Notwendigkeit für Unternehmen und Freiberufler, sich strategisch mit Online-Bewertungen auseinanderzusetzen. Eine negative Rezension ist nicht immer gleichbedeutend mit einer unrechtmäßigen Rufschädigung und eine Löschung ist nicht in jedem Fall gerichtlich durchsetzbar. Es erfordert eine umsichtige und juristisch fundierte Einschätzung, ob eine Bewertung die Grenzen der Meinungsfreiheit überschreitet oder nicht.

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