Negative Online-Bewertungen sind nicht das einzige Risiko im Netz: Eine aktuelle Gerichtsentscheidung zeigt, dass Unternehmen auch bei der Weiterverbreitung von Kundeninhalten haftbar sind
Das Teilen von Kundenstimmen auf Social Media ist eine beliebte Marketing-Strategie. Doch was viele Unternehmen nicht bedenken: Mit dem Reposten von Kundeninhalten übernehmen sie auch die rechtliche Verantwortung für deren Aussagen. Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf verdeutlicht die weitreichenden rechtlichen Konsequenzen dieser Praxis.
Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf
Das Landgericht Düsseldorf hat in einem einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 38 O 40/25, nicht rechtskräftig) eine wichtige Grundsatzentscheidung getroffen: Ein Unternehmen, das die Instagram-Story eines Verbrauchers erneut postet, haftet für die darin enthaltenen Aussagen – insbesondere wenn diese wettbewerbswidrig sind.
Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen aus der Automobilbranche die Story eines Kunden geteilt, in der Produkte eines Mitbewerbers abwertend dargestellt wurden. Das Gericht bewertete dies als unzulässige vergleichende Werbung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, da die Darstellung nicht objektiv und sachlich war, sondern darauf abzielte, die Produkte des Mitbewerbers gezielt abzuwerten.
Zu-Eigen-Machen fremder Inhalte
Der entscheidende Punkt in der Urteilsbegründung: Auch wenn das Unternehmen die ursprüngliche Story nicht selbst erstellt hatte und die Aussagen von einem Verbraucher stammten, hat es sich den Inhalt durch das Reposten zu eigen gemacht. Das Gericht stellte klar, dass mit der Übernahme und Weiterverbreitung fremder Inhalte die volle rechtliche Verantwortung nach den strengen Maßstäben des Wettbewerbsrechts einhergeht – selbst wenn die ursprüngliche Veröffentlichung für den Verbraucher selbst zulässig gewesen wäre.
Die Konsequenzen waren für das betroffene Unternehmen erheblich: Das Gericht untersagte die weitere Nutzung der Werbemaßnahme und drohte bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft an.
Gleiches Prinzip gilt für Kundenbewertungen
Die Entscheidung hat weitreichende Implikationen für das Online-Marketing: Das gleiche rechtliche Prinzip gilt auch für Kundenbewertungen. Während Shop-Betreiber nicht verpflichtet sind, alle Kundenbewertungen auf ihrer Webseite auf rechtswidrige Werbeaussagen zu überprüfen, ändert sich die Situation, sobald sie bestimmte Bewertungen besonders hervorheben oder in Szene setzen.
In solchen Fällen müssen die hervorgehobenen Aussagen auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit geprüft werden. Unternehmen tragen die volle Verantwortung für Inhalte, die sie gezielt in ihre Marketingkommunikation integrieren – unabhängig davon, wer der ursprüngliche Verfasser war.
Strategische Empfehlungen für Unternehmen
Um rechtliche Risiken zu minimieren, sollten Unternehmen folgende Maßnahmen ergreifen:
- Etablieren Sie klare Social-Media-Richtlinien für Ihr Unternehmen, die auch Regeln für das Teilen von Kundeninhalten umfassen.
- Prüfen Sie jeden Kundeninhalt vor dem Reposten sorgfältig auf potenziell rechtswidrige Aussagen, insbesondere auf herabwürdigende Vergleiche mit Mitbewerbern.
- Achten Sie darauf, dass geteilte Inhalte keine irreführenden Darstellungen enthalten, die gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen könnten.
- Sichern Sie sich im Zweifelsfall rechtliche Beratung, bevor Sie Kundenbeiträge teilen, die Bezug auf Mitbewerber oder deren Produkte nehmen.
Fazit: Vorsicht beim Content-Sharing
Die Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf verdeutlicht, dass Unternehmen in sozialen Medien nicht hinter fremden Inhalten „verstecken“ können. Wer Kundeninhalte teilt, trägt die volle rechtliche Verantwortung – und diese erstreckt sich auf alle wettbewerbsrechtlichen Aspekte.
Besonders in Zeiten, in denen User-Generated Content eine immer größere Rolle im Marketing spielt, müssen Unternehmen ihre Social-Media-Strategie mit Bedacht gestalten. Die sorgfältige Prüfung von Kundeninhalten vor dem Teilen ist nicht nur ein Gebot der Sorgfalt, sondern eine rechtliche Notwendigkeit.